Von WordPress zu Hugo und wieder zurück

Vor 3 Jahren, zum 15. Geburtstag dieses Blogs, war ich umgezogen von WordPress zu Hugo. Superschnelle Seiten, alles in R, eigentlich eine coole Sache. Aber in der Realität war es nicht so cool. Ich brauchte immer eine R-Umgebung, die ich nicht immer hatte. Git machte mich manchmal wahnsinnig. Und manche Probleme waren einfach nicht nachzuvollziehen. Und so bin ich jetzt wieder umgezogen. Vielleicht kommen nun auch die Rankings wieder zurück, die ich auch verloren hatte nach dem Umzug.

Wenn aus „Free“ irgendwann Abos werden: tado und reMarkable


Am 13. Oktober 2021 hat reMarkable verkündet, dass das bisher kostenlose Angebot der Cloud nun beschränkt und für neue Nutzer die wirklich spannenden Features kostenpflichtig werden. Das hatte ich schon früher vermutet, genau so wie ich es mir bei tado gedacht hatte. tado hatte ein Abo im August 2018 angekündigt, allerdings hatte man zurückgerudert, was die ersten Kunden betrifft. Ich musste zwar die neue App kaufen für knapp 20 Euro, damit ich die neuen Features nutzen kann, aber zumindest habe ich keine Abo-Gebühren.

Bei beiden Firmen war mir nicht klar, warum sie nicht von Anfang ein Abo-Modell drin haben. Denn bei beiden Modellen ist klar, dass die Kosten steigen werden, je mehr Nutzer auf die Server zugreifen müssen. Bei reMarkable werden die Kosten noch höher sein, da sie 8 GB Platz in der Cloud anbieten. Jedem musste von Anfang klar sein, dass irgendwann ein Abo eingeführt werden muss, um die mit der Anzahl der Nutzer wachsenden Kosten kompensieren zu können. Hatten beide Firmen das Abo nicht drin, weil sie dachten, dass das die Käufer abschrecken könnte? Sind die ersten Käufer nicht eh die Early Adopters, die weniger preis-sensitiv sind?

Ich hatte mein reMarkable bereits vor einigen Monaten verkauft, nicht wegen des drohenden Abo-Modells, sondern weil ich einfach weniger Gadgets haben will und es nicht in meinen Flow passte. Am Ende des Tages ist das reMarkable ein Nischenprodukt, denn der Wunsch nach Fokus wird in einer Zeit, in der eher Ablenkung gesucht wird beziehungsweise von der Ablenkung gefunden wird, nur bei wenigen Nutzern vorhanden sein. Auch wenn ich es gut finde, glaube ich nicht daran, dass es jemals von der breiten Masse gekauft werden wird.

Digitale Selbstverteidigung


Im Digital Analytics-Kurs ist eine der ersten Aufgaben, eine Logdatei zu erstellen, wo man von wem bereits heute getracked worden ist, wo die Daten nun sind und wie lange sie gespeichert werden. Diese Übung sensibilisiert zwar, bietet aber keine Hilfestellung, wie man sich selbst vor Tracking welcher Art auch immer schützen kann. Dies soll dieser Artikel nun tun.

Der Begriff “Digitale Selbstverteidigung” stammt nicht von mir, sondern von digitalcourage, einem gemeinnützigen Verein, der sich im Wesentlichen für Datenschutz und Bürgerrechte engagiert (Disclaimer: Ich bin Fördermitglied). digitalcourage bietet einen ganzen Bereich auf der Website zum Thema Digitale Selbstverteidigung, besonders empfehlenswert ist die Selbstverteidigung für Eilige.

Manche der Tipps sind schwierig. Wer schon mal MetaGer ausprobiert hat, weiß wovon ich rede 🙂 Es ist ein Spagat zwischen Bequemlichkeit und Privatsphäre, denn mehr Privatsphäre bedeutet, dass man nicht immer auf die einfach zu nutzenden Werkzeuge zugreifen kann. So kann man aber auch Google nutzen, ohne dass man gleich alle Daten preisgibt. Hier sind weitere Tipps:

  • Ich empfehle zunächst einmal immer ein VPN (Virtual Private Network) zu nutzen. Ein VPN “tunnelt” die Kommunikation zwischen dem eigenen Rechner und einem Punkt im Internet, so dass sich niemand dazwischen schalten kann. In einem öffentlichen WLAN ist das absolute Pflicht, denn zu leicht kann hier jede Kommunikation mitgelesen werden. Von zuhause aus verhindert ein VPN, dass der Internet Service Provider die Kommunikation mitschneidet. Allerdings ist bei der Auswahl des VPN-Anbieters Vorsicht geboten, da der ja auch die Kommunikation mitschneiden könnte. Zudem kommt, dass das Internet dadurch nicht unbedingt schneller wird. Bei einem schnellen VPN merkt man die Nutzung allerdings nicht. Wenn man es gleich richtig machen will, dann installiert man das VPN nicht nur auf dem Rechner, sondern auch auf dem Handy und anderen Devices. Und unbedingt noch den Tipp zu dem DNS-Dienst betrachten.
  • Gmail ist für mich immer noch der beste Mail-Service, aber ich nutze ihn nicht mehr. Leider sind die üblicherweise empfohlenen Services wie Posteo oder mailbox.org UX/UI-technisch suboptimal. Ich finde ProtonMail gut, die sind allerdings nicht auf der Liste der empfohlenen Mail-Services von digitalcourage. Außerdem ist Protonmail ziemlich teuer. Dafür ist die Mailbox verschlüsselt, so dass nicht einmal die Betreiber von Protonmail auf meine Mails zugreifen können.
  • Firefox als Browser zu nutzen ist immer eine gute Idee, Brave bringt schon einige zusätzliche Privatsphären-Einstellungen.
  • Überall ein anderes Passwort zu nutzen ist Pflicht. Ein Passwort-Manager ist ebenso Pflicht.
  • Möglichst nirgendwo eingeloggt bleiben. Und wenn man die Möglichkeit hat, dann auch gerne Profilbildung vermeiden wie hier bei den Google Ad Settings.
  • Der Anonym Surfen-Modus in den Browsern bringt nicht viel. Google Analytics zum Beispiel trackt dann trotzdem. Und der Server auf der anderen Seite loggt sowieso alles mit. Daher sollte auch immer ein VPN genutzt werden.
  • Cloud-technisch bin ich ein großer Fan von NextCloud, es funktioniert genau so gut wie DropBox und hat sogar einige Features mehr. Der einzige Grund, warum ich es nicht mehr nutze, ist, dass es nicht immer einwandfrei funktioniert hat, was bei mir aber auch daran liegt, dass ich viel selbst rumgebastelt habe. Ich nutze die iCloud, die eigentlich nicht empfehlenswert ist, da die Daten immer noch auf einem anderen Server liegen. Ich vertraue aber darauf, dass Apple die Wahrheit sagt, dass meine Daten nur von mir gelesen werden können, da sie auf dem Server verschlüsselt sind. Ich tausche hier also Bequemlichkeit gegen absolute Sicherheit. Bei DropBox hingegen werden die Daten unverschlüsselt gespeichert. Ich würde immer noch NextCloud empfehlen, wie es auch digitalcourage tut, allerdings würde ich dann eher einen Anbieter wählen und nicht mehr alles selber hosten 🙂
  • Als Messenger kommt eigentlich nur Signal in die engere Auswahl. Telegram nicht. Threema auch nicht. Und WhatsApp erst recht nicht.
  • Als DNS kommt nur 1.1.1.1 in Frage. Denn jedes Mal, wenn man eine URL in den Browser eingibt, dann muss diese URL übersetzt werden in eine IP-Adresse. Diese Übersetzung wird vom DNS geleistet. Normalerweise wird das vom Internet Service Provider (Telekom, Vodafone, etc) an den eigenen DNS-Dienst weitergeleitet. Aber man kann auch 1.1.1.1 nutzen 🙂 Da wird nix geloggt.
  • Wer genau wissen will, was die Software auf dem eigenen Rechner so veranstaltet und ob sie nach Hause funkt, sollte nur quelloffene Software nutzen, zum Beispiel Linux. Das kann eine große Hürde sein, aber Ubuntu ist auch für Laien gut nutzbar und um einiges stabiler als zum Beispiel Windows.
  • Rabattkarten wie z.B. die Payback-Karte haben in keiner Geldbörse etwas verloren. Meistens kriegt man die Produkte, die man mit den Punkten erwerben kann, woanders eh günstiger. Damit sind nicht die unpersonalisierten Stempelkarten gemeint (“Der 10. Kaffee geht aufs Haus!“).

Und wer sich immer noch fragt, warum man das alles überhaupt tun sollte, der möge bitte das folgende Video sehen:

 

 

reMarkable Erfahrungen: Brückentechnologie für Digital Immigrants?


 

Warum um alles in der Welt sollte man sich ein reMarkable Tablet kaufen, wenn man schon ein iPad hat? Zunächst einmal: Es ergibt keinen Sinn. Und für viele Menschen ergibt es auch keinen Sinn, sich ein reMarkable Tablet zu kaufen, wenn man stattdessen ein iPad haben könnte und dessen Funktionen benötigt. Das reMarkable Tablet ist teuer, nicht so teuer wie ein iPad Pro, aber im Vergleich zu den Features eines iPads in derselben Preisklasse steht das reMarkable extrem schlecht da. Und trotzdem habe ich das reMarkable in den wenigen Tagen, die ich es nun besitze, lieb gewonnen. Die Version 1, die ich für unter 300€ auf eBay geschossen habe, wird wahrscheinlich bald weiter im Preis fallen, denn die 2. Generation wird bereits beworben. Aber bevor ich 500€ für ein Gerät ausgebe, von dem ich nicht weiß, ob es wirklich zu mir passt, nutze ich lieber ein Gebrauchtes, um das Konzept zu testen. Denn mit dem reMarkable kann man nur PDFs/eBooks lesen und annotieren und Notizen und Skizzen erstellen. Keine E-Mails, kein Websurfen, nix. Schwarz-weiß. E-Ink-Display. Schreibt sich mit dem Stift fast wie auf Papier. Den Stift muss man nicht aufladen, wohl aber die Minen ab und zu auswechseln. Und das Gerät kostet je nach Zubehör neu zwischen 450 und 600€.

Was ist mein Use Case? Ich hatte ein iPad Pro mit Stift und allem angeschafft, um mit weniger Gepäck von überall arbeiten und lesen zu können. Lesen und Schreiben sind, neben Programmieren, Kommunikation und Powerpoints erstellen, meine Hauptbeschäftigung. Ich muss sehr viel lesen, vor allem wissenschaftliche Paper, aber auch Artikel aus Fachzeitschriften usw. Zusätzlich schreibe ich auch sehr viel. Der Split Screen des iPads war für mich eine Killer-Applikation: Links das PDF, das ich lesen will, rechts meine Notizen dazu. Hat auch oft gut funktioniert. Aber auch oft nicht. Allerdings: Das Apple-Universum mit iCloud ermöglicht es mir, alle meine Dateien auf allen Geräten stets synchronisiert zu haben.

Aber doch war und ist es nicht perfekt. Es fällt mir manchmal schwer mich zu konzentrieren, denn, wie es oft ist, wenn man den Fokus auf etwas setzen will, dann kommen einem Erinnerungen, was man unbedingt noch erledigen und daher aufschreiben sollte, dann sieht man die Erinnerungen und bemerkt, dass man vergessen hat, etwas Dringendes zu tun usw. Das iPad ermöglicht das alles mit einem Gerät. Und so ist man schnell abgelenkt, vor allem wenn man etwas Schwieriges erarbeiten muss, ist die Verlockung, schnell mal Mails zu checken, sehr hoch. Mit dem reMarkable geht das nicht. Und genau diese Einschränkung bezahlt man für viel Geld. Applikationen, die einen selbst einschränken oder einem helfen, sich besser zu konzentrieren, hatte ich schon vor mehr als 10 Jahren angesehen und genutzt.

Habe ich generell ein Problem mit Konzentration? Nein. Aber es mag am Medium liegen. Ich habe mein bisher erfolgreichstes Buch (3 Auflagen) fast komplett auf Papier geschrieben, so unglaublich das auch klingen mag. In eine Kladde auf einer Terrasse in einer Bucht Sardiniens. Ich hatte keinen Computer mit, nur meine Gedanken. Und die habe ich dann runtergeschrieben, durchgestrichen, neu formuliert, usw, später zuhause am Rechner dann Screenshots und andere Materialien hinzugefügt. Ich allein mit dem Papier. Ich bin nicht sicher, ob ich das heute mit einem iPad hinbekommen würde. Denn auch wenn bei mir fast alle Benachrichtigungen ausgestellt sind, weiß das Gehirn, dass doch was Neues da sein könnte, und unser Gehirn giert danach. The Organized Mind von Daniel Levitin beschreibt, wie sehr unser Gehirn durch jede Störung stimuliert wird, was uns davon abhält, sich fokussieren zu können, denn Denken ist anstrengend. Besonders beeindruckend fand ich hier die Vorliebe von Sting, sich überall auf der Welt dasselbe Zimmer herrichten zu lassen, damit ihn nichts Neues ablenken kann.

Tranquility is the new luxury of our society. (5 AM Club, Robin Sharma)

Diese Ruhe ist ohne Zweifel ein Luxus, wenn man sozusagen für ein kastriertes Gerät mit weniger Funktionen so viel Geld zahlt, nur um Ruhe zu haben und sich fokussieren zu können. Vielleicht liegt meine Präferenz für Papier aber auch an meiner Sozialisation: Ich bin mit Papier groß geworden, habe alles auf Papier geschrieben, meine Abi-Klausuren, meine Abschlussprüfungen an der Uni, usw. Bücher am Rechner zu schreiben, zumindest ausschließlich am Rechner zu schreiben, ist für mich eine Qual. Ich muss meine Gedanken erst einmal sortieren, und auch wenn das am Rechner eigentlich einfacher geht, ziehe ich das Papier vor.

Aber das iPad hat noch andere Nachteile. Will ich draußen mit dem iPad lesen, dann sollte besser nicht die Sonne scheinen. Mit dem reMarkable kein Problem. Das kriegt das iPad nicht so gut hin. Abgesehen davon, dass das Gerät ganz schön schwer ist (653 Gramm “nackt” mit Stift/ 1060 Gramm mit Hülle inklusive Tastatur). Es eignet sich nicht wirklich zum längeren Lesen und in der Hand halten. Das reMarkable kommt auf 362 Gramm “nackt” mit Stift / 505 Gramm mit Hülle, wobei das etwas unfair ist, da die Hüllen sehr unterschiedlich sind. Ich nehme das iPad aus den genannten Gründen nicht gerne mit, wenn ich zum Beispiel kurz mal raus gehe. Es ist nicht nur schwer und unhandlich, nein, ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, wie schnell das Glas kaputt gehen kann (und wie teuer der Ersatz ist).

Und was das iPad tagsüber in der Sonne zu wenig an Licht hat, das hat es dann Abends zu viel. Ich merke es, wenn ich abends zu lange auf den Bildschirm geschaut habe. Das iPad eignet sich für mich nicht zum längeren Lesen und Schreiben von Fachtexten, einmal aus ergonomischen Gründen, aber auch aufgrund manchmal mangelnder Disziplin. Frei nach dem 5 A.M. Club, elektronische Geräte sollten abends einfach nicht mehr genutzt werden, auch das ermöglicht das reMarkable, wenn man ein Auge zudrückt.

Das reMarkable hat allerdings ein paar Defizite, die für den Preis eher inakzeptabel sind:

  • Das WLAN-Modul scheint sehr schwach auf der Brust zu sein; es hat in meinem Arbeitszimmer 1 von 3 Strichen, wohingegen alle anderen Geräte mindestens 2 von 3 Strichen haben.
  • Der Akku hält bei mir ca 2-3 Tage, bei mittlerer Nutzung, für ein e-Ink-Display ist das nicht viel. Das Laden dauert Ewigkeiten.
  • Große PDFs (zum Beispiel Springer-Sachbücher zwischen 3 und 30 MB) sind für das reMarkable Tablet eine große Last, es kann dauern, bis man von einer Seite zur nächsten geblättert hat. Und gerade bei den großen PDFs scheint das reMarkable auch öfter mal abzuschmieren.
  • PDFs mit Passwortschutz kann das reMarkable gar nicht öffnen. Das ist ziemlich suboptimal.
  • Die Suche ist ein Witz. Man kann entweder nach Titeln von Büchern suchen, aber nur innerhalb eines Buches, wenn man dieses gerade geöffnet hat. Man kann dann auch nicht direkt vom Suchergebnis zu der Fundstelle springen, sondern muss sich die Seitenzahl merken und dann umständlich über mehrere Schritte zu der Seite navigieren.
  • Das Plastik wirkt billig und manchmal irgendwie schmutzig, auch wenn es sauber ist. Das ist für den Preis wirklich nicht angemessen.
  • Der Stift hat anscheinend gleich zwei verschiedene Plastiksorten bekommen, zumindest ist hier ein unterschiedliches Weiß zu erkennen:

Was mir außerdem nicht gefällt, ist der Lock-In. Ich bin in deren Cloud gefangen, was ist, wenn sie pleite machen? Bei tado habe ich mich das schon mehrmals gefragt, aber da kann man die Thermostate angeblich wenigstens noch manuell bedienen (dafür sind sie dann aber auch viel zu teuer). Bei reMarkable wäre man verloren, wenn die Cloud abgeschaltet würde. Vermutlich wird man dann irgendwann auch ein Abo bezahlen müssen, wie auch tado darauf geschwenkt ist. Was allerdings etwas hilft, ist, dass man angeblich auch per USB an seine Dokumente kommt. Das habe ich noch nicht ausprobiert, bedeutet aber, dass ich eventuell eine Applikation wie meinen Kindle Clippings Manager bauen könnte, die einen Ordner auf meinem Rechner mit dem Speicher des reMarkable synchronisiert. Das wäre besser als diese doppelte Organisation.

Insgesamt ist das Gerät also für die technischen Leistungsmerkmale, die Qualität und die Software hoffnungslos überteuert. Aber trotzdem mag ich es. Denn es erfüllt meinen Use Case besser als das iPad, und anders als das Moleskine ist es auch kein Ideenbegräbnis erster Klasse. Das hat es in den wenigen Wochen bisher bereits sehr gut bewiesen.

Lebensbetriebssysteme


 

Apple ist kein Computer-Hersteller mehr, Google keine Suchmaschine, und Amazon nicht nur ein Online-Einkaufszentrum. Diese Firmen verbindet, dass sie von ihrem jeweiligen Startpunkt aus weitere Bereiche des Lebens erobern. Die Auswirkungen sind schon jetzt vorhersehbar.

Google bietet über die Suchmaschine hinaus E-Mail, ein Mobiltelefon-Betriebsystem und Mobiltelefone, einen mit Sprache bedienbaren Assistenten, ein Computerbetriebssystem, einen Browser, selbstfahrende Autos, einen Fotodienst und weitere Dienste in der Cloud, Musik, Filme, Heimüberwachungssysteme (Nest), YouTube und vieles mehr. Apple bietet Mobiltelefone, Computer, iPads, Software, einen Musikservice, eine SmartWatch, Kopfhörer, einen mit Sprache bedienbaren Assistenten, einen TV-Dienst und eine Cloud-Lösung und vieles mehr. Amazon bietet neben anderen Produkten die Belieferung von Lebensmitteln, eigene Produkte, einen mit Sprache bedienbaren Assistenten, Videokonferenz-Hardware, einen Musik-Service, einen Film-Service und ist außerdem der größte Cloud-Anbieter. Und vieles mehr.

Auf den ersten Blick mögen die Dienste jeweils ein buntes Potpourri darstellen, aber schaut man einmal genauer hin, so basteln die drei großen Digital-Schwergewichte (Facebook aus dem GAFA-Akronym einmal ausgenommen) Lebensbetriebssysteme. Unser Leben wird immer stärker von digitalen Systemen unterstützt werden, und Apple, Amazon und Google arbeiten daran, möglichst viel von diesem Systemen zur Verfügung zu stellen. Ein System, das das digitale Leben schlüssig und kohärent verknüpft, könnte man ein Lebensbetriebssystem nennen.

Das wird vor allem deutlich, wenn man von einem System auf das andere wechseln will oder mit einem anderen System Daten austauschen muss. Das ist zum Teil jetzt schon schwer. Android-Handy und MacBook? Macht keinen Spaß. Von einem Android auf ein Apple-Handy umsteigen? Zunächst kein Problem, es gibt einen Assistenten. Aber der Kalender? Und die Kontakte? Wie bekomme ich die Fotos nun in die elegante Foto-App von Apple? Richtig effizient ist es erst, wenn alle digitalen Aktivitäten mit Apple-Produkten gestaltet werden. Fotos synchronisieren sich über mehrere Geräte hinweg, Dateien ebenso, egal wie viel Speicherplatz man auf dem jeweiligen Gerät hat.

Bei Google lernt der Assistent hinzu. Je mehr von den Google-Produkten genutzt wird, desto bessere Vorschläge werden erstellt. Stau auf dem Weg zur Arbeit? Kein Problem, das Android-Handy warnt seinen Benutzer auf Basis historischer Daten und der gegenwärtigen Verkehrslage. Auch hier wird über mehrere Geräte hinweg synchronisiert.

Amazon scheint noch abgeschlagen zu sein. Aber die Strategie, Hardware vergünstigt abzugeben wie in dem Fall der Tablets, hilft dabei, Kunden an das Amazon-Universum zu binden.

Und so könnte sich bald eine neue Klassengesellschaft, die sich auf die Verwendung des jeweiligen Lebensbetriebssystems ergeben:

  • Die, die es sich leisten können, nutzen das Apple-System. Es ist teuer, aber zeitsparend und schick.
  • Etwas günstiger wird das Google-System sein, auch wenn sich Google mit den Pixel-Geräten in den oberen Preis-Segmenten versucht. Es ist das System für die breite Masse.
  • Am günstigsten wird es ein Amazon-System geben. Es bietet nicht die schnellste Hardware, aber alles was man braucht, ist dabei.
  • Die, die unabhängig bleiben wollen, arbeiten mit Linux-Rechnern und freier Software. Die Rebellen. Sie bezahlen vor allem mit Lebenszeit, behalten dafür aber auch die Kontrolle über ihre Daten.

Richtig spannend wird es aber erst werden, wenn die KI-basierten Assistenten wirklich gut sind. Wenn sie dann alle Informationen, die sie über einen Nutzer über mehrere verschiedene Services sammeln, verwenden können, dann wäre eine richtige Unterstützung wie in “Her” erst möglich. Und dann wird es noch schwerer werden, von einem System auf das nächste zu wechseln.

Vielleicht werden sich die Internet-Giganten aber auch öffnen und gegenseitig Schnittstellen bereitstellen. So könnte Siri aus Google Mails lernen und Alexa aus der YouTube-Playlist. Sehr wahrscheinlich klingt das aber nicht. Stattdessen sieht es eher so aus, dass wir in den jeweiligen Systemen gefangen sein werden, weil ein Wechsel zu viele Nachteile mit sich bringen würde.

Das hat auch ganz praktische Auswirkungen: Was wenn eine Apple-Frau mit einem Amazon-Typen zusammenziehen will? Sie kann seine Hardware nicht steuern und umgekehrt. Oder wird dann nicht mehr zwischen den Klassen gedatet?

Aus der Menschmaschine wird Mensch gegen Maschine


 

Roman Pletter schreibt in der ZEIT-Ausgabe 29/2014 über den potentiellen Wegfall hochqualifizierter Jobs durch immer besser werdende Algorithmen. In der so genannten zweiten maschinellen Revolution können Maschinen selber lernen (so etwas habe ich 2006 schon bei Ask.com gemacht, in einem ganz kleinen Rahmen…), nur dass es mittlerweile auch für mehr reicht als im Schachspiel zu gewinnen. „Aus der Menschmaschine wird Mensch gegen Maschine“ weiterlesen