Erste Erfahrungen mit den Apple Silicon Rechnern mit dem M1


 

Ich habe bereits einen Prozessorwechsel bei Apple mitgemacht. Meine Apple-Karriere begann 1996 mit einem PowerBook 5300, das ich – trotz 640×480 Pixel-Graustufendisplay – extrem geliebt hatte. Zum einen war ein Mac-Laptop zu der Zeit noch etwas ganz Besonderes und Seltenes (zugegebenermaßen zu einem exorbitanten Preis, aber ich hatte es von meinem damaligen Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen) und mit einer sich unglaublich gut anfühlenden und vor allem wunderbar klingenden Tastatur. Zum andern war es im Vergleich zu den Windows-Rechnern, die ich zuvor hatte, auch noch extrem zuverlässig. Mit 8 MB RAM und einer 500 MB-Platte war es auch noch gut bestückt. Dieses PowerBook war das erste, dass einen Motorola PowerPC-Prozessor in sich trug, kurz vorher gab es also schon einmal eine Art Wechsel.

2006 wechselte Apple auf Intel, ein damals ungeheuerlicher Vorgang, nachdem Apple in den 90ern Werbespots zeigte, in denen ein Motorola-Prozessor einen Intel-Prozessor geröstet hatte. Für den Umstieg bot Apple auch ein Rosetta-Programm an, mit denen PowerPC-Programme auf einem Intel-Rechner liefen. In der Regel waren die Programme dann langsamer. Auf den Werbespot wurde übrigens noch mal referenziert als die ersten Macs mit Intel-Prozessoren vorgestellt wurden, ca um Minute 1:05:

Nun wieder ein Wechsel. 2019 hatte ich mir das MacBook Pro 16“ geholt, nach vielen Jahren mit einem MacBook Air. Keinen anderen Apple-Rechner hatte ich länger als das Air, nur mit der Zeit war es wirklich etwas zu langsam geworden für das, was ich damit alles anstellte (R, viel im Terminal mit sed, awk, LightRoom, …). Ich wollte zuvor nicht upgraden, weil ich auf keinen Fall die bescheuerte Butterfly-Tastatur haben wollte. Die Rückkehr zu den Scherenschalt-Tastaturen wurde mit dem 16“-MacBook begonnen, aber so richtig gewöhnen konnte ich mich an das Riesending nicht. Ganz abgesehen davon wurde es unglaublich heiß und laut, und die Batterielaufzeit war weit entfernt von den Aussagen Apples. Habe ich zum Beispiel ein Machine Learning-Modell trainiert, dann wurde das MacBook so heiß, dass ich im Arbeitszimmer nicht mehr zu heizen brauchte. Und bei jedem Zoom-oder Webex-Call ging die Batterie schneller runter als ein schmelzendes Eis im Hochsommer.

Ich verbringe einiges an Zeit damit auf die Ergebnisse eines Rechenvorgangs zu warten, auch wenn es mitunter nur 20 oer 30 Sekunden sind, aber es läppert sich am Tag, und manchmal sind es eben doch mehrere Minuten und manchmal auch Stunden. Meistens weiß ich vorher, wie lange es ungefähr dauern wird, aber für eine halbe Minute fange ich keine andere Aufgabe an, denn das bringt mich aus meinen Gedanken heraus. Eine Datenanalyse ist auch ein meditativer Akt. Für mich ist also die Geschwindigkeit eines Rechners enorm wichtig. Und das nicht nur für die Datenanalyse, sondern auch für alle anderen Tätigkeiten am Rechner. Es muss sich einfach flüssig anfühlen.

Die Geschwindigkeit eines Rechenvorgangs in R hängt von vielen Faktoren ab:

  • Arbeitsspeicher (ja, R lädt alles in den Arbeitsspeicher)
  • Prozessorgeschwindigkeit
  • Parallelisierung

Beim Arbeitsspeicher sind die ersten Modelle mit Apple Silicon nicht besonders gut bestückt, 16 GB sind das Maximum. Da nützt es mir auch nix, dass der Weg vom Prozessor zum Speicher besonders kurz ist. Das Betriebssystem benötigt einen Teil des Arbeitsspeichers, die laufenden Programme auch, viel bleibt also nicht unbedingt übrig. Vor allem wenn man häufig mit großen Dateien arbeitet wie ich, das geht dann schon mal an die 50GB, aber auch höher, dann ist das Swapping schon “vorprogrammiert”. Parallelisierung geht nicht, da die notwendigen Pakete dafür noch nicht da sind, Homebrew zum Beispiel ist noch nicht verfügbar.

Hinzu kommt, dass R momentan noch nicht für die neuen Macs verfügbar ist. Es fehlt (noch) ein Fortran-Compiler, und der fehlt nicht nur für R, sondern auch für viel ML-Software-Erweiterungen für Python. Wer hätte gedacht, dass diese alte Programmiersprache heute noch so einen großen Einfluss haben könnte. Natürlich läuft R auch über Rosetta, aber dann hätte ich mir ja eigentlich keinen neuen Mac kaufen und mich gleichzeitig auch noch als Beta-Tester für Apple missbrauchen lassen müssen 🙂 Aber, kleiner Spoiler vorab: Selbst mit Rosetta läuft die Intel-Version von R auf dem M1 schneller, und das scheint nicht nur bei mir so zu sein.

Ich hatte zunächst einen Mac mini mit 8GB RAM und 512GB SSD gekauft, um zu testen, wie gut die Performance tatsächlich ist und ob ich den Umstieg wagen kann. Den Mac mini konnte ich am gleichen Tag im Apple Store abholen, und von Beginn an war ich begeistert, wie flüssig sich alles auf diesem Rechner anfühlt. R funktionierte problemlos, nur RStudio zeigte öfter Fehlermeldungen an. Egal. Schnell aber wurde die Limitierung des Arbeitsspeichers deutlich. Bei dem Versuch eine 200GB große Datei zu verarbeiten (sort, awk, sed auf der Shell) war irgendwann die Festplatte vollgelaufen vom Swappen und der Prozess brach ab. Ok, vielleicht ist der mini dafür auch etwas zu schwach auf der Brust. Was mich aber wunderte: Nicht einmal ging der Lüfter an, das wäre beim MacBook Pro 16″ anders gewesen. Eigentlich also alles super…

…bis auf… Bluetooth. Auch mein Mac mini hat die bekannten Bluetooth-Probleme. Vor allem die Maus verliert mehrmals täglich die Verbindung, was extrem suboptimal ist, wenn man gerade via Videokonferenz eine Demo zeigt. Unschön, sehr unschön. Alle möglichen Tipps habe ich ausprobiert, unter anderem eine kabelgebundene Verbindung zum Netz genutzt anstatt des WLANs. Genutzt hatte es nichts. Es ist nicht klar, ob es an der Hardware oder an der Software liegt. Ein Chat mit dem Apple Support brach mehrmals ab, und irgendwann hatte ich keine Lust mehr, denn ich hab auch noch einen Job. Ein Update auf die Big Sur Beta brachte wenig Linderung, seit gestern läuft der Rechner auf 11.1, und ich hoffe, dass es jetzt besser wird und dass es kein Hardware-Problem ist.

Ein weiteres nicht so schönes Erlebnis ist der Sound. Ich habe noch nie einen Apple-Rechner erlebt, der einen so schlechten Klang hat, selbst mein altes PowerBook 5300 klang glaube ich besser. Da wäre sicherlich sehr viel mehr möglich gewesen.

Trotz der Bluetooth-Probleme fasste ich nach 2 Tagen den Entschluss, auch einen tragbaren Apple Silicon-Rechner zu kaufen. In Vollausstattung (16GB, 2TB SSD) kostet der so viel wie ich für mein MacBook Pro 16″ auf dem Gebrauchtmarkt bekomme, und gleichzeitig habe ich den doppelten Festplattenplatz. Früher gab es mal die Regel, dass man sich ausrechnen soll, wie viel man maximal braucht und diese Größe mal 4 rechnet. Leider gibt es noch keine 8 TB-SSDs für die Rechner.

Der Rechner kam nach knapp 3 Wochen an, eine Woche früher als erwartet. Hier war noch mal ein kleiner Geschwindigkeits-Boost zu bemerken, was wahrscheinlich allein am doppelten Arbeitsspeicher liegt. Auch die 200GB-Datei ging Dank ausreichend Platz auf der SSD jetzt durch. Und, wie auch beim Mac mini, der Rechner schien sich kaum anzustrengen. Nur ein einziges Mal wurde der Rechner ein ganz klein wenig warm, aber nicht heiß, und erst recht nicht so heiß wie das MacBook Pro 16″. Das macht sich auch in der Batterie-Laufzeit bemerkbar. Ich habe es bis jetzt nicht ein einziges Mal geschafft die Batterie an einem Tag leer zu bekommen. Kein Witz. Ich schließe den Rechner abends an und habe meistens noch für ein paar Stunden Strom im Akku. Das ist ein komplett neues Gefühl.

Auch beim MacBook Air existiert das Bluetooth-Problem. Das ist unschön, und ich frage mich, wie das nicht auffallen konnte bei den Tests, die Apple durchführt. Dass ein Umstieg nicht komplett ohne Probleme abläuft, geschenkt, und man ist immer etwas Versuchskaninchen, wenn man das erste Modell nach einem Umstieg kauft. Für mich ist es eine Abwägung: Wie viel Zeit gewinne ich dadurch, dass der Rechner schnell ist, versus wie viel Zeit ich dadurch verliere, dass ab und zu mal etwas nicht funktioniert. Die Verbindung zur Maus ist natürlich ein Hygienefaktor, sowas muss eigentlich funktionieren. Nur bin ich beim MacBook Air nicht ganz so abhängig. Bisher bin ich also mit der Entscheidung zufrieden, wobei ich natürlich lieber 32 oder sogar 64 GB RAM gehabt hätte. Aber die gibt es halt noch nicht.

Der Sound des MacBook Airs ist um einiges besser als der meines alten Air, an den des MacBook Pro 16 kommt es nicht dran. Kein Wunder, die Lautsprecher sind auch viel kleiner. Besser als die des minis sind sie allemal.

Das mit dem sofortigen Aufwachen funktioniert tatsächlich, manchmal frage ich mich, ob der Rechner überhaupt “geschlafen” hat. Die Tastatur klingt fast so schön wie die des PowerBook 5300, und wenn sich jemand fragt, warum eine Tastatur gut klingen muss, nun ja. Ästhetik hört nicht bei der Optik auf 🙂

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