Produktiver arbeiten mit dem Apple Stage Manager


 

Apples neue MacOS X Version, Ventura, sowie die neue iPadOS-Version 16, die in der 2. Hälfte 2022 auf den Markt kommen werden, bringt zahlreiche Neuerungen mit. Besonders das neue Multitasking-Werkzeug Stage Manager wurde ziemlich gehyped. Darum schauen wir uns das hier einmal genauer an.

Was macht der Stage Manager genau?

Das steht in der Pressemitteilung:

Stage Manager sorgt für ein komplett neues Multitasking-Erlebnis, bei dem Apps und Fenster automatisch organisiert werden und Nutzer:innen schnell und einfach zwischen Aufgaben wechseln können. Erstmals können Nutzer:innen damit auf dem iPad unterschiedlich große überlappende Fenster in einer einzelnen Ansicht erstellen, Fenster von der Seite per Drag & Drop ziehen und ablegen oder Apps aus dem Dock öffnen, um Gruppen von Apps zu erstellen – für schnelleres, flexibleres Multitasking. Das Fenster der App, in dem die Nutzer:innen arbeiten, wird in der Mitte angezeigt. Andere geöffnete Apps und Fenster werden auf der linken Seite in der Reihenfolge ihrer Aktualität angeordnet.

Hier stecken abgesehen vom Marketing-Blabla drei Infos drin:

  • Links sind Apps und Fenster in der Reihenfolge ihrer Aktualität angeordnet.
  • Man kann Apps und Fenster gruppieren.
  • Auch auf dem iPad kann man nun unterschiedliche große überlappende Fenster nutzen (zu den Einschränkungen kommen wir weiter unten)

Schauen wir uns zunächst die MacOS X-Version an. Wir sehen auf dem folgenden Bildschirmfoto 5 Apps/Fenster auf der linken Seite, wenn man genau nachsieht, dann sieht man sogar noch mehr, denn zwei Apps/Fenster sind bereits gruppiert (ganz unten).

Klickt man auf diese Fenster, dann sieht man die Fenster übereinander, hier mit einem anderen Beispiel:

Auf meinem eher kleinen 14″-Bildschirm ergibt das wenig Sinn. Ich kann zwar noch mit command-Tab zwischen den Fenstern wechseln, aber ich sehe die für meine Aufgabe zusammengehörenden Fenster nicht so, wie ich es bräuchte. Wahrscheinlich ist es bei einem so kleinen Screen besser, wenn man jedes für eine Aufgabe benötigte Fenster einzeln im Stage Manager ablegt.

So richtig gut funktioniert das noch nicht mit der Organisation der Fenster. RStudio zum Beispiel öffnet ein neues Fenster, wenn ich Code committe. Dieses wird nicht dem Hauptfenster von RStudio zugeordnet, sondern ist ein komplett neues Fenster. Das ist auch auf dem Screenshot oben zu sehen mit einem Mail-Fenster. So richtig zuende gedacht kommt mir das nicht vor.

Was aber ganz nett ist: Sieht man sich in einem Browser-Fenster ein YouTube-Video an, so wird dieses auch in der linken Leiste weitergespielt. Nicht dass man dann noch viel sehen könnte, aber in YouTubes Theatermodus kann man einem Video schon etwas folgen. Wie das der Konzentration zum Vorteil gereicht, das steht auf einem anderen Blatt.

Was sind die Vorteile?

Zunächst war ich etwas enttäuscht vom Stage Manager. Was soll hieran besser sein, wenn man für eine Aufgabe zwischen verschiedenen Apps wechseln muss? Für mich liegt der Vorteil in etwas völlig anderem, was Apple wahrscheinlich gar nicht so vorgesehen hat.

Wechselt man heute von einer App zu einer anderen, so verliert man die Sicht auf die vorherige App. Und so kann es passieren, dass man vergisst, was man eigentlich wollte (“Schnell noch mal gucken, was in der Mail genau geschrieben wurde… oh, da ist eine neue Mail, die muss ich erst einmal lesen”). Dadurch, dass die vorherigen Apps aber sichtbar sind, wird man sehr schnell daran erinnert, was man eigentlich tun wollte. Das hat bei mir in den wenigen Tagen, die ich den Stage Manager ausprobiert habe, schon ganz gut funktioniert.

Wie funktioniert der Stage Manager auf dem iPad?

Den Stage Manager gibt es auch auf dem iPad, allerdings nur für iPads mit einem M1-Prozessor. Mein nicht mal 1 Jahr altes iPad Air kann den Stage Manager also nicht nutzen. Nichtsdestotrotz konnte ich den Stage Manager auch auf einem iPad testen.

Zunächst einmal habe ich mich gefragt, wie viel Sinn der Stage Manager auf einem kleinen iPad-Screen ergibt. Klar, man kann iPads auch an einem externen Display anschließen. Da funktioniert das sicherlich gut. Ansonsten sehe ich die gleichen Vor- und Nachteile wie auf der MacOS-Version. Hier der Screen mit gebündelten Apps links:

Die übereinander liegenden Fenster auf dem iPad ergeben hier für mich noch weniger Sinn, allerdings habe ich auch nur ein 11″-Modell.

Braucht man den Stage Manager wirklich?

Ich bin etwas besorgt, dass dem Stage Manager das gleiche Schicksal widerfährt wie Mission Control: Kaum jemand kennt das Feature, die meisten Nutzer kommen wahrscheinlich nur aus Versehen da rein. Zudem muss man Stage Manager erst einmal aktivieren. Meine Vermutung ist, dass die meisten Nutzer die neuen OS-Versionen einfach nur deswegen installieren, weil sie automatisch installiert werden, nicht weil sie es unbedingt wollen (im Gegensatz zu früher, wo man sehnsüchtig auf eine neue MacOS-Version gewartet hat, zum Beispiel 1997 auf MaOS 8, für das man auch noch knapp 200 Euro bezahlen musste). Auf der anderen Seite merkt man manchmal erst, wie gut ein Feature es ist, wenn man es hat.

Die anderen Neuerungen der neuen OS-Versionen sind Kosmetik. Die Systemeinstellungen sehen auf MacOS jetzt genau so aus wie auf iOS und iPadOS. Sehr gespannt bin ich auf Freeform, aber das ist leider noch nicht in der Beta-Version dabei.

Apple Notizen – das wahre Memex für Wissensmanagement und Produktivität


 

1945 veröffentlichte Vannevar Bush seinen Artikel „As we may think“, in dem er über ein System namens Memex schrieb. Memex nahm Systeme und Ansätze wie HyperText vorweg, um verschiedene Arten von Materialen anhand von Stichworten verknüpfen und auffindbar machen zu können, „an enlarged intimate supplement to his memory“. Angesichts der damaligen technischen Möglichkeiten sollten die Daten noch auf Microfilm gespeichert werden, ansonsten war es eine ziemlich coole Apparatur:

Bushs Gedanken hatten großen Einfluss auf die Entwicklung des World Wide Webs, und sicherlich hat Wikipedia heute einiges von diesem Memex. Aber was ist mit dem eigenen Wissensmanagement? Wie speichert Ihr Gedanken, Materialien, Ideen, Notizen? Ein Problem ist, dass nicht nur Wissensarbeiter Unmengen an Informationen ausgesetzt sind, die es zu filtern, zu sortieren und durchzusehen gilt.

In den 80ern hatte Apple HyperCard im Angebot, ein proprietäres Multimedia-Hypertextsystem, das auch im Bildungsbereich Popularität genoß. Heute kommt wahrscheinlich notion.so einem solchen System am nächsten, und ich weiß, dass einiger meiner Studierenden diese App nutzen. Früher war es Evernote, heute Notion, morgen etwas anderes. Und alle paar Jahre konvertiert man seine Daten auf ein anderes System, oder eben auch nicht, weil es viel zu anstrengend ist. Wer hat Notizen aus alten Moleskines (waren in den 2000ern populär) konvertiert und greift heute noch auf sie zu? Ich bin kein Freund von ständig neuen Apps, sondern versuche auch hier nicht mehr zu installieren als notwendig, denn erfreulicherweise wird Apples beigefügte Software immer leistungsfähier.

Mit der neuen Version von MacOS X, Monterey, führt Apple nach iOS und iPadOS endlich auch Tags in die Notizen auf dem Mac ein. Anstatt der wenig flexiblen Ordner, die man natürlich dennoch behalten kann, ist es möglich einer Notiz mehr als einen Tag hinzuzufügen und dann auch nach mehreren Tags gleichzeitig zu suchen. Das kommt meiner Art zu arbeiten viel näher, denn nicht immer gehört alles nur einer Kategorie an. Gedanken, die ich mir zu einem R-Skript mache, kann ich später auch in meinem Blog verwenden und so weiter.

Aber das ist nicht die einzige Neuerung, die Apple Monterey mitbringt. So bieten die bereits aus den portablen Geräten bekannten Schnellnotizen die Möglichkeit, Text aus Webseiten zu speichern und dann auch auf diese zu referenzieren. Besucht man eine Webseite zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal, so ist der extrahierte Text markiert. Was passiert, wenn der Text auf der Webseite verändert wurde, habe ich noch nicht ausprobiert. Insgesamt hilft diese Funktion aber enorm weiter, ein Sammelsurium aus gespeicherten URLs, Bookmarks, Leseliste, Zitaten etc besser zu organisieren. (Der folgende Screenshot stammt aus einer Monterey Beta:)

Dass man nun auch auf dem Mac Text aus Bildern und Screenshots ohne Zusatzsoftware und tatsächlich noch besser als diese extrahieren kann, macht meinen Workflow noch viel einfacher. Finde ich eine Stelle in einem Papier-Buch interessant, aber hab keinen Stift zur Markierung dabei, fotografiere ich sie häufig mit dem Handy. Ich bin nicht sicher, wie viele solcher Fotos ich auf meiner Festplatte habe, immer mit dem schlechten Gewissen, dass ich ja bald mal hier aufräumen sollte. Der Cursor in Fotos in der neuen MacOS-Version wird automatisch zu einem Cursor für Text, wenn man ihn über einen Text bewegt, und schon kann man ihn selektieren und extrahieren. Hier muss man allerdings vorsichtig sein, dass man das Buch beim Fotografieren einigermaßen so hält, dass dies auch funktioniert, anders wie auf dem folgenden Foto:

Leider funktioniert das noch nicht in Notizen, aber das wird sicherlich auch irgendwann kommen. Auch kann man noch nicht aus Textmarkierungen in Vorschau Text für Sofortnotizen extrahieren mit einer Referenz, man kann den Text lediglich kopieren, was natürlich auch schon sehr gut ist.

Trotz aller Kritik, Apples Notizen mit all den Verknüpfungen zu anderer Software auf MacOS X kommt dem Memex schon sehr nah. Es wird immer mehr zur Frage, ob man als Anwender versteht, wie man all diese Funktionen zum eigenen Nutzer verwenden kann und wie man die Symbiose der eigenen Abläufe mit einer solchen Software hinbekommt. Apple macht aber definitiv notion.so Konkurrenz, allein schon wegen der Team-Funktionen, die nun auch hier vorhanden sind. Wie bei Apple Erinnerungen bekommt man aber auch hier immer weniger Gründe, sich noch ein Abo für eine andere Software zu leisten, die im Zweifel auch noch schlechter in die anderen Apple-Dienste integriert ist.

Der Tool-Wahn: Produktiver arbeiten mit Bordmitteln


 

Als Student hatte ich mal den Laptop meines Professors in der Hand, weil ich etwas konfigurieren sollte. Das war ungefähr 1998, und er hatte ein cooles Wallstreet-PowerBook von Apple. Ich war schockiert, was er installiert hatte. Nämlich so gut wie nichts. Lediglich das, was mit dem Betriebssystem installiert war, und das war nicht viel. Alle seine Texte schrieb er mit dem TextEdit, dem MacOS Editor. Kein WordPerfect (was damals noch populär war), kein Microsoft Word, nix. Damals hatte ich das nicht verstanden. Wie konnte er nicht weitere Programme installieren, die seine Arbeit erleichtern würden? Heute ist dieser Prof mein Vorbild, zumindest was sein simple Herangehensweise an seinen Computer betrifft.

Seitdem habe ich unzählige Tools gesehen, die helfen sollten, produktiver zu werden oder sich selbst und das eigene Wissen zu organisieren. Einige davon habe ich ausprobiert oder sogar länger genutzt. Kaum eines davon hat sich über längere Zeit bewährt, sei es, weil die Entwickler aufgrund nachlassender Nachfrage aufgegeben hatten wie bei Life Balance, sei es, weil eine Applikation von neueren Technologien überholt wurde wie Apples HyperCard durch das World Wide Web oder weil der Käufer eines Startup-Produkts wie Wunderlist lieber sein eigenes Produkt Microsoft „To Do“ ersetzen wollte und die gekaufte Software einfach dicht machte. In den 2000er Jahren waren die Tools der Omni Group, OmniFocus, OmniOutliner etc. sowie Evernote der heiße Scheiß, heute ist es Notion und dergleichen.

Je mehr Tools ich gesehen habe, desto weniger glaube ich an sie. Beziehungsweise, ich glaube nicht mehr daran, dass es eine App für alles gibt oder es eine App für alles geben sollte. Kompetenz ist wichtiger ist als ein Tool. Ein Tool kann Inkompetenz nicht kompensieren. Es ist fast egal, welches Tool man nutzt, wenn man weiß, was man tut. Umgekehrt funktioniert das nicht. A fool with a tool is still a fool.

So wie man beim Digitalen Minimalismus hinterfragen sollte, welchen Mehrwert eine neue App bringen soll, kann man auch einfach die Frage stellen, ob ein bereits mit dem Betriebssystem installiertes Programm den Job nicht auch erledigen kann. So ist Apples Erinnerungen mittlerweile ganz passabel und synchronisiert sich wie Apple Notizen auch auf allen Devices. Ich habe keine Ahnung von Microsoft Windows, vielleicht funktioniert das da alles genau so gut. Das Google-Universum bietet ebenso eine Geräte-übergreifende Experience mit allen möglichen Tools. Natürlich kann und sollte man sich auch fragen, ob es sinnvoll ist, seine Daten irgendeiner Firma zu überlassen. Wer es ganz kompliziert will, findet auf Linux-Systemen auch jede Menge Bordmittel.

Der Ansatz, so gut wie nur mit Bordmitteln zu arbeiten, hat viele Vorteile. Kein FOMO. Einfach alles ignorieren, was einem als der neueste Produktivitätsgewinn verkauft wird. Kein Zumüllen der Festplatte mehr. Anstatt produktiv zu prokrastinieren, indem man Tools sucht und lernt, um die anstehende Arbeit schneller bewältigen zu können, einfach die Arbeit erledigen, die ansteht. Die paar Software-Tools, die ich nun zusätzlich habe, kann ich an zwei Händen abzählen, z.B. R, RStudio, TexShop, Ableton Live… und Letzteres hätte ich vielleicht auch mit GarageBand erledigen können. Mein Dock ist unverändert seit der Erstinstallation des Rechners.

Im nächsten Schritt geht es um die Organisation der eigenen Dateien. Dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

Mehr als einen Kern unter Mac OS X nutzen


Heutige Prozessoren haben meist mehr als einen Kern, aber die meisten Programme nutzen nur einen. Oft ist es egal, der Rechner ist auch so schnell genug. Aber dann kommt man manchmal in Bereiche, wo man sich ärgert, dass man nur einen Kern nutzen kann. Vor allem bei den UNIX-Befehlen, die als GNU-Version zum Teil mehrere Kerne ausnutzen können, langweilt sich ein Teil meiner Mac-CPU während der andere zu 100 Prozent ausgelastet ist. In meinem Beispiel geht es um eine Text-Datei mit 8.6 GigaByte (nicht MegaByte :-), die ich sortieren und verarbeiten muss. Was wäre, wenn man mehr als einen Kern nutzen könnte?

Wie viele Kerne hat mein Mac überhaupt? Einmal Terminal öffnen und dann

sysctl -n hw.ncpu

eingeben, schon wird die Anzahl der Kerne ausgespuckt. Naja, nicht ganz. Es ist die Anzahl der Threads. Mein MacBook Air hat einen Dual-Core-Prozessor, es werden aber 4 Kerne angezeigt. Und leider kann die Mac OS X-Version von sort nur einen Kern nutzen. Abhilfe schafft Homebrew:

/usr/bin/ruby -e “$(curl -fsSL https://raw.githubusercontent.com/Homebrew/install/master/install)“

Danach

brew update

brew install coreutils

…und schon hat man die GNU-Version von sort, die mit gsort aufgerufen werden kann. gsort versteht den Parameter –parallel=n, mit meinen vier Kernen also…

gsort –parallel=4 datei.txt

Und siehe da, ich habe über 350% CPU-Auslastung  Achtung: Das funktioniert nicht, wenn gsort in einer Pipe auf den Output eines anderen Befehles wartet.