Zunächst einmal: Fast alles ist besser als gar nichts zu tun, aber ob ein Investment über eine Finanzberatung eine interessante Rendite bringt, das ist eine andere Frage. Dieser Artikel richtet sich an alle, die sich fragen, ob Finanzberater wie MLP oder Sparkasse wirklich die beste Wahl für die Altersvorsorge sind.
Wie Finanzberater uns einfangen
Was verstehe ich unter einem Finanzberater? Damit meine ich professionelle Berater, zum Beispiel von einer Bank oder einer Finanzberatung wie MLP (bei denen ich selber einmal Kunde war), die für den Verkauf eines Produkts eine Provision erhalten. Sie haben also ein Interesse, etwas zu verkaufen, dafür ist die Beratung kostenlos. Ausgenommen sind hier Honorarberater (genauer gesagt, Honorar-Finanzanlagenberater, dazu später mehr). Und hier liegt schon ein zunächst wahrgenommener großer Vorteil von Finanzberatern: Wir müssen ihnen nichts zahlen, und sie kümmern sich um unsere Finanzen. Wir müssen nur noch unterschreiben. Dass diese Leistung natürlich nicht kostenlos ist, sondern uns an anderer Stelle Geld kostet, das ist vielen zunächst nicht klar. Doch wieso sollte jemand kostenlos für uns arbeiten?
Und damit kommen wir schon zu dem nächsten Grund, warum man auf eine Finanzberatung wie MLP reinfällt. In meinem Elternhaus wurde mir keine Finanzbildung mitgegeben. Mein Vater sagte, dass man sich mit Aktien nur die Finger verbrennt, es war aber auch nicht unbedingt viel Geld da. Im Studium wurde ich durch MLP mit kleinen Goodies gelockt und schnell in erste Gespräche verwickelt – so begann die Beratung. Eine Finanzberatung ermöglicht es, das nervige Thema mit den Finanzen outzusourcen. Sie nehmen einem Arbeit ab, auf die man keine Lust und für die man keine Kompetenz hat, und verschaffen einem dadurch das, was Ben Felix „vertrauensbasierte Seelenruhe“ nennt. Es ist also eine Abwägung: Entweder investiere ich selber die Zeit und lerne, wie das alles funktioniert, oder ich tue es nicht und muss dafür Einbußen in der Rendite in Kauf nehmen, weil die Provisionen, die der Berater erhält, sowie weitere Mittelsmänner, zu denen wir gleich kommen, ja auch irgendwie Geld verdienen müssen. Der Trick hier war, dass sie mit Goodies wie Lehrbüchern um die Ecke kamen, gegen Prüfungsberichte etc, und schon war ein Gesprächsanlass da. So wurde die erste Haftpflicht verkauft, vielleicht auch schon eine Hausratsversicherung inklusive Fahrraddiebstahl. Und dann wuchs die Beratung mit den Lebensphasen mit. Man konzentrierte sich auf seine Karriere und Familienphasen, bekam jeweils passend immer die relevanten und zumindest augenscheinlich notwendigen Produkte, fühlte sich aber gut versorgt. Aufgrund von Karriere und Familie hat man wenig Zeit, sich selber in die Aktienwelt reinzufuchsen, erleichternd also, wenn man eine kostenlose Beratung hat, die sich mit den Bedürfnissen von Akademikern auskennt und dann auch noch nett und vertrauenswürdig wirkt.
Und tatsächlich ist in einer solchen Beratung auch nicht alles Blödsinn. Ein Puffer auf dem Tagesgeldkonto oder eine Diversifikation beim Sparen – manches ergibt durchaus Sinn. Eventuell besorgen diese Berater auch einen günstigen Immobilienkredit, den man sonst nicht bekommen hätte. Es ist also nicht unbedingt alles schlecht. Aber das weiß man ja nicht, wenn man keine Ahnung hat. Vielleicht raten sie einem auch mal von etwas ab und erwecken somit den Eindruck, dass sie einen auch davor schützen, unnötig Geld auszugeben. So gewinnen sie unser Vertrauen. Mitunter spielen sie aber auch mit unserer Eitelkeit, wenn sie uns sagen, dass wir bei unserem Einkommen ja besser versorgt sind als der Rest etc.
Warum genau ist das denn überhaupt schlecht mit einer Finanzberatung zu arbeiten?
Die Arbeit mit einer Finanzberatung bedingt, dass Produkte mit einer niedrigeren Rendite verkauft werden müssen. Es ist zum Beispiel erwiesen, dass ein aktiv gemanagter Investmentfonds, also ein Fonds, bei dem ein Manager dafür bezahlt wird, dass er Investmententscheidungen trifft, auf Dauer nicht den Markt schlagen kann. Diese Fonds sind teuer, denn der Fondsmanager muss mitbezahlt werden. Und die Finanzberater erhalten eine Provision, wenn sie diesen Fonds verkaufen.
Tatsächlich ist man mit einem passiven Fonds wie einem ETF besser dran. Der kostet auch weit weniger Gebühren, denn hier wird kein Fondsmanager bezahlt, und man benötigt auch keine riesige Researchabteilung, die die Fondsmanager mit Daten und Analysen versorgt. Nur erhalten die Finanzberater hier keine Provision, und daher empfehlen sie auch keine ETFs. Die MLPs und GrunerFishers dieser Welt kommen dann mit dem Argument, dass die Manager aktiver Fonds den Markt halt besser verstehen und rechtzeitig aus Risiken rausnavigieren und blablabla. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass dem nicht so ist. Das wird aber gerne wegdiskutiert oder ignoriert.
Macht das denn so viel aus? Ja! In den Fonds, die mir empfohlen wurden, hatte ich einiges an Rendite verschenkt. Beispiel „Flossbach von Storch SICAV – Multiple Opportunities R“: 1,62% Gebühren plus Ausgabeaufschlag von 5% plus 1% Gebühr für die Vermögensverwaltung des Finanzberaters, da bleibt von den 5,46%, die der Fonds im Schnitt in den letzten 10 Jahren gebracht hat, nicht mehr viel über. Aber zumindest wurde mir die Depotgebühr erlassen. Angenommen, ich hätte 10 Jahre lang jeden Monat 200 Euro in diesen Fonds eingespart, dann blieben nach Abzug aller Gebühren und dem Ausgabeaufschlag von 5 % blieben Ihnen etwa 26.394 Euro – bei einer Einzahlung von insgesamt 24.000 Euro, ich hätte also 0,96% Rendite pro Jahr gehabt, weniger als die Inflationsrate. Bei einem MSCI World ETF mit einer durchschnittlichen Rendite von 8 % und einer Gebühr von 0,19 % hätten ich nach 10 Jahren etwa 36.440 Euro.
Aber das ist war nicht mein einziges Problem mit meinem MLP-Berater. So hatte ich sehr klar gesagt, dass ich eine Dividendenstrategie verfolgen wolle, in den Gesprächsdokumentationen wurde das aber nie aufgeführt, und meine Investments waren weiterhin thesaurierend. Irgendwie hatte er meinen Wunsch ignoriert. Die angeblich so wichtige Dynamik bei der Berufsunfähigkeitsversicherung war für meinen Berater extrem lukrativ, weil er bei jeder Erhöhung eine Provision bekam. Und dass ich bei einem Beitragsreduktionsmodul der PKV den Beitrag auch dann noch zahlen müsste, wenn der Beitrag reduziert wird, das war auch nicht explizit erwähnt worden.
Wie soll ich denn mit meinen Finanzen ohne Beratung klarkommen?
Das muss man gar nicht. So gibt es eben die Honorar-Finanzberater. Honorarberater arbeiten ohne Provision und sind daher oft eine faire Alternative, auch wenn man sich um Verträge selbst kümmern muss. Ganz wichtig: Ein unabhängiger Berater ist kein Honorarberater, auch wenn sich manche so ausgeben. Ein Honorar-Finanzanlagenberater, wie es genau heißt, arbeitet nach § 34h GewO, und das steht auch in seinem Impressum. Das „h“ ist der wichtige Buchstabe. Diese Berater haben ein Provisionsverbot, dürfen also kein Geld von einer Bank, Versicherung etc annehmen. Das ist gut, denn wer Provisionen annehmen muss, weil er davon lebt, ist nicht wirklich unabhängig. Und dann gibt es noch Finanztip, eine wunderbare Informationsseite, die zu jedem Finanzthema etwas zu bieten hat.
Finanzentscheidungen sind persönliche Entscheidungen, die langfristige Konsequenzen haben. Während klassische Finanzberater oft als einfache Lösung erscheinen, sollte man sich stets bewusst machen, dass ihre Empfehlungen selten frei von Interessenskonflikten sind. Sich Zeit zu nehmen, um die eigenen Finanzen zu verstehen, oder alternative Beratungsmodelle wie Honorarberater in Betracht zu ziehen, kann nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Kontrolle über die eigene finanzielle Zukunft stärken. Denn niemand wird sich so sehr um das eigene Geld kümmern wie man selbst.